Die Personalfirma in der Firma

Mag. Christian Garbsch-Havranek über die Möglichkeiten, den Beitrag der Personalabteilung zum Unternehmenserfolg zu bestimmen und die Personalarbeit neu zu konzipieren.

Wenn man den Wertbeitrag der Personalisten analysieren will, wie geht man das an?

Der Obertitel ist "das Geschäftsmodell der HR-Abteilung". Am Besten geht man es von der Kundenseite her an. Dazu braucht es aber eine sinnvolle Segmentierung, denn die unterschiedlichen Mitarbeitergruppen haben verschiedene Bedürfnisse und brauchen daher auch unterschiedliche Leistungen. Ein guter Zugang ist da das Berufsbildkonzept, das heißt, eine Differenzierung z.B. nach Expertenfunktionen, Führungskräften und Supportfunktionen. Man unterteilt nach Art der Tätigkeiten, nicht nach Funktionsbereichen oder Hierarchieebenen.

Im zweiten Schritt schaut man, was gibt es derzeit für Produkte und Dienstleistungen und fragt sich dann: Welche Produkte und Dienstleistungen braucht wer in welchem Ausmaß und welcher Qualität? Das ist schon ein wichtiger Schritt, denn der Rekrutierungsprozess läuft bei einfachen Funktionen ganz anders ab als bei komplexen Funktionen.

Das zweite ist, dass man es sich nicht nur von der Prozessseite her, sondern auch von den Prozesskosten her anschauen muss. Was kostet denn eigentlich ein Recruitingprozess - und in weiterer Folge  - was kostet er, differenziert nach unterschiedlichen Zielgruppen? Oder - was kostet eigentlich der Wartungsprozess eines Führungsinstruments, etwa des Mitarbeitergesprächs, und wie könnte man es auch billiger machen? Zu vielem gibt es bereits Benchmarks, zumindest in Zeiten ausgedrückt.

Ist das nur für Großunternehmen interessant?

Nein. Ein Bereich, den es überall gibt und der sich anbietet, ist die Personalverrechnung. Da gibt es sowohl von der Prozessseite her Standards - was geschieht dezentral, was machen die Mitarbeiter über Intranetanbindungen selbst - als auch vom Aufbau her: Wie kann man ein entsprechendes File-Management zwischen Personalsoftware und Rechnungswesen-Software machen?

Die klarsten Benchmarks gibt es bei den Standardprozessen Arbeitszeiterfassung, Personalverrechnung, Stammdatenverwaltung, Urlaubsmanagement etc. In den anderen Bereichen ist es etwas schwieriger. Man kann Recruiting-Prozesse oder das Bildungsmanagement mit anderen vergleichen, aber bei Bereichen wie Talente-Screening, Personalentwicklungskonferenzen ist das schwer.

Bei Feldern wie dem Arbeitsrecht kann ich mir ja auch überlegen, was ist der Beitrag, wenn es gut klappt, was passiert, wenn es nicht gut klappt? Was passiert, wenn Mitarbeiter vor Gericht gehen, welche Kosten fallen da an? Das müsste man doch eruieren können, oder?

Ja, wobei eines damit einhergeht: Wenn man das alles analysiert, werden Sie auch bei einem Zeit- und Leistungserfassungssystem innerhalb der Personalabteilung anlangen, wo die Mitarbeiter Zeiten auf Produkte und Aufträge buchen. Denn wenn man das nicht macht, kann man nie wirklich sagen, was mich beispielsweise ein einzelner Recuritingauftrag nun wirklich gekostet hat. Das Ziel ist, Klarheit zu erlangen darüber, in welche Produkte und welche Zielgruppen und welche Aufträge wie viel Zeit hineinfließt. Das kann man sehr wohl analysieren.

Das könnte der Personalbereich auch machen, ohne von oben einen Auftrag zu bekommen. Und es würde helfen, die eigenen Leistungen und Aufgaben und ihren Beitrag besser darzustellen.

Absolut. Die Idee des Geschäftsmodells einer HR-Abteilung läuft darauf hinaus zu sagen, wenn wir eine Firma wären, dann hätten wir diese Produkte und würden jene Dienstleistungen anbieten und dann hätte es in der Periode X das und das gekostet. Das ist die Überlegung dahinter, den Personalbereich vom Cost-Center in ein Business-ähnliches Modell zu bringen. Ich denke, dass das um vieles leichter geht, wenn die Betroffenen selbst sagen, wir wollen uns das einmal anschauen und uns verbessern, anstatt zu warten, bis einer von außen sagt, das gehört saniert.

Ein Stichwort fehlt in dem Zusammenhang noch: die Aufbauorganisation, die sich relativ logisch ergibt. Das wird am Ende des Tages eine Matrix-Organisation sein, wo ein und dieselbe Person zwei Hüte hat. Sie ist nach außen hin für eine bestimmte Kundengruppe der Generalunternehmer, der Key-Accounter und fungiert nach innen in einer zweiten Rolle als Spezialist, z.B. für Arbeitsrecht oder die Führungskräfteausbildung oder Recruiting.

Wie findet man als Firma die passende EDV?

Das kann man ganz gut auseinander klauben. Die Internetfrage steht relativ für sich. Ein intelligentes Content-Management-System kann heute Schnittstellen zu anderer Software schaffen. Das ist relativ klar. Das zweite, das relativ klar ist, ist, dass Effizienz im Verwaltungsbereich über eine gute Personalverrechnungssoftware läuft. D.h. da muss zumindest Stammdatenverwaltung, Arbeitszeitmanagement, Gehalts-, Bonus-, Provisionsverrechnung, Urlaubsmanagement und Krankenstandsmanagement drüberlaufen. Dazu braucht es eine Schnittstelle für Self Services ins Intranet. Die guten Produkte können das alle. Die haben quasi einen Schlauch ins Intranet, der macht sich dort auf und die Leute schauen in den Teil, der für sie gerade relevant ist. Wobei die meisten die Web-Technologie zumindest schon Teilbereichen integriert haben. Das Dritte ist der ganze Teil vom Recruiting, Entwicklung, Performance Management, Bildungsmanagement.

Die strategische Frage ist, schafft man ein System, welches das mit der Verrechnung zusammenfasst, quasi eine Leitsoftware HR-Management, oder hat man drei. Was für letztere Sichtweise spricht, ist, dass man gerade im dritten Bereich relativ lange selbstgestrickt unterwegs sein kann. Also generell gesagt: Ja nicht die software verändern, sondern die nehmen, die es gibt und strategisch überlegen, was legen wir künftig ins Intranet, was legen wir künftig in eine gute Personalverwaltungssoftware mit Netz-Möglichkeiten und was brauchen wir dann überhaupt noch und geht das nicht ohne große Lösungen?

12.2003

...zurück zum Seitenanfang

Teilen:

Mag. Christian Havranek, Deloitte Touche - Wentner Havranek