Leistungsstarke und leistungsschwache Teams

Die Sozialwissenschaften zeigen uns auf, nach welchen Regeln und Gesetzen Gruppen innerhalb einer Organisation funktionieren. Aus diesen Gesetzen lassen sich bestimmte, gut beobachtbare Merkmale von leistungsstarken und leistungsschwachen Gruppen ableiten.

Die folgende Gegenüberstellung dieser Merkmale gibt Ihnen die Gelegenheit, die Funktionstüchtigkeit der eigenen Arbeitsgruppe zu überprüfen (aus: McGregor, D. Der Mensch im Unternehmen, Econ Verlag).

Leistungsstarke Gruppe Leistungsschwache Gruppe
Das Gruppenklima ist unbürokratisch und entspannt. Spannungen sind selten. Es herrscht eine Arbeitsatmosphäre, die Menschen zu engagieren und interessieren vermag. Anzeichen von Langeweile sind keine vorhanden. Das Gruppenklima ist von Gleichgültigkeit und Langeweile gekennzeichnet. Spannungen treten häufig auf. Die Gruppe ist von ihrer Aufgabe nicht wirklich angesprochen.
Aufgaben und Ziele der Gruppe sind allen Mitgliedern klar und finden Zustimmung. Strittige Punkte werden in aller Offenheit diskutiert und es wird nach Lösungen gesucht. Aus Gespräche ist schwer zu entnehmen, wie die Aufgabe der Gruppe lautet, oder welches die Ziele sind. Obwohl sie vielleicht „verkündet“ worden sind, gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass die Gruppe sie verstehen will oder bereit ist, ein gemeinsames Ziel zu akzeptieren.
Die Kommunikation ist spontan, offen und fließt in allen Richtungen. Die Gruppenmitglieder hören einander zu. Jede Idee findet Gehör. Es hat niemand Angst, seine Meinung beizusteuern, wenn sie der Gruppe irgendwie weiterhelfen könnte. Die Kommunikation ist vorsichtig zurückhaltend oder ganz blockiert. Niemand weiß, woran er ist. Die Gruppenmitglieder hören kaum aufeinander. Wenn Meinungen geäußert werden, dann vor allem, um die eigene Position zu stärken.
Meinungsverschiedenheiten werden von der Gruppe akzeptiert. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass man Konflikten aus dem Weg geht. Konflikte werden nicht unterdrückt, sondern als Anstoß zum weiteren Diskutieren und Beraten genommen. Konflikte helfen der Gruppe weiter. Die Gruppe ist nicht fähig, aus Meinungsverschiedenheiten Nutzen zu ziehen. Konflikte blockieren die ganze Gruppe. Sie werden deshalb unterdrückt oder in persönlichen Feindschaften und Rivalitäten auf Kosten der Gruppe ausgetragen.
Die meisten Entscheidungen werden im Geiste der Übereinstimmung gefällt, und es herrscht Klarheit darüber, dass die Lösung bei allen auf Zustimmung stößt. Ist jemand nicht einverstanden, so bringt er seine Bedenken in aller Offenheit vor, und die Gruppe versucht, die Bedenken in die Entscheidung einzubauen, sofern dazu Möglichkeiten vorhanden sind. Oft werden Entscheidungen gefällt, ohne dass die Konsequenzen für die Gruppe geprüft worden wären. Nach der Entscheidung beginnt das Gemecker jener Leute, die die getroffene Entscheidung nicht akzeptieren können und sich gegen die Durchführung wehren oder sie sabotieren.
Wird eine Aufgabe angefangen, so werden klare Anordnungen getroffen und akzeptiert. Niemand weiß so recht, wer was wann machen soll. Selbst dann, wenn gewisse Verantwortlichkeiten festgelegt sind, werden erhebliche Zweifel angebracht, ob man sich ihnen unterzieht.
Kritik wird offen und ohne Angst vorgebracht. Sie wird nicht als persönlicher Angriff aufgefasst. Kritik ist konstruktiv und zielt darauf ab, Hindernisse zu beseitigen, die der Gruppe den Weg zum Ziel erschweren oder behindern. Kritik führt regelmäßig zu Spannungen. Mit Kritik werden persönliche Angriffe vorgetragen. Von Kritik ist die Gruppe peinlich betroffen. Aus Angst vor Spannungen und Konflikten wird jede offene Kritik vermieden.
Die Gruppenmitglieder geben ihren Gefühlen Ausdruck, soweit sie zum Problem beitragen und die Ziele der Gruppe betreffen. Es gibt keine Leisetreter. Geheime Vorgehensweisen werden nicht angewendet. Jeder weiß vom anderen, was er denkt. Mit seinen Gefühlen hält man möglichst zurück. Keiner will sich die Finger verbrennen oder sich bloßstellen. Viele Dinge sind daher geheim, und keiner weiß vom anderen, was er denkt.
Der Vorgesetzte herrscht nicht über die Gruppe, die Führung wird von Zeit zu Zeit weitergegeben, so wie es die Umstände erfordern, und es die Fähigkeiten der Mitarbeiter zulassen. Es gibt daher auch wenig Anzeichen für Macht- und Prestigekämpfe. Nicht wer recht hat, steht zur Debatte, sondern wie die Gruppe ihre Aufgabe optimal lösen kann. Der Vorgesetzte lässt sich die Führung unter gar keinen Umständen aus den Händen nehmen. Er klammert sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln an seine Rechte, seine Macht und Stellung. Letztlich lautet die entscheidende Frage: Wer hat recht, wer setzt sich durch?
Die Gruppe ist sich selbst gegenüber kritisch. Sie verfolgt ihre Arbeit mit wachem Auge. Um was es sich auch immer handelt, man wird darüber offen diskutieren und nach Lösungen suchen. Die Gruppe geht jeder Diskussion über ihre eigene Funktionsfähigkeit aus dem Wege. Sie hält sich für unfehlbar und kritisiert vor allem andere Gruppen.

Sie können diese Gegenüberstellung zum einen dafür einsetzen, um für sich selbst eine differenziertere Einschätzung der derzeitigen Verfasstheit ihrer Gruppe zu erlangen.

Sie können diese Gegenüberstellung oder einzelne Punkte jedoch auch dazu verwenden, um diese in ihrer Gruppe zu thematisieren, die Sichtweisen der Mitglieder dazu kennen zu lernen und gemeinsam nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen.

Quelle: Karl Kälin/Peter Müri: Sich und andere führen; Ott Verlag

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