Wenn Führungskräfte einen neuen Job suchen

Was Sie als Führungskraft bei der Jobsuche beachten sollten.

Die Situation ist gar nicht so untypisch: Nach der Ausbildung steigt man in ein Unternehmen ein, wird nach ein, zwei Jahren Teamleiter, klettert in der Folge noch ein, zwei Stufen nach oben, wird dann erstmals von einem Headhunter angesprochen, erhält ein interessantes Angebot, um "den nächsten Karriereschritt zu machen", wechselt die Firma, wiederholt das Abwerbespiel nach einigen Jahren und dann ist es irgendwann soweit: Zum ersten Mal verliet man unfreiwillig seinen Job. Ein ziemlicher Schock. Zumal einem schnell klar wird: Die letzte eigene, aktive Bewerbung liegt bereits lange Zeit zurück. Also was tun?

Wie erleben Personalberater Führungskräfte auf Jobsuche und wie erleben umgekehrt Führungskräfte die Phase der Jobsuche? Worauf kommt es an, was ist wichtig, was erfolgsversprechend, wo hingegen sitzt man Täuschungen auf und was sollte man – gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten - hingegen besser lassen? Diesen Fragen ging der Leaders Circle im vorliegenden Schwerpunktthema nach. Dabei schälten sich ni den Gesprächen einige zentrale Punkte heraus:

Schuster, bleib bei deinen Leisten: So verständlich es ist, einen Jobverlust zum Anlass zu nehmen, über "Neuorientierung" nachzudenken und Gedanken zu wälzen in Richtung "einmal etwas ganz anderes machen" – gerade in einer akuten Krise sind die Chancen dafür denkbar schlecht. Denn gerade in der Krise domminiert in den Unternehmen auf der Personalseite das Motto: "Nur kein Risiko". Gesucht werden "Spezialisten, keine Gernalisten", möglichst mit Branchenerfahrung bzw. Erfahrung in genau den Themenbereichen, die aktuell im suchenden Unternehmen gerade anstehen. Wer diesem Profil nicht entspricht, hat schlechte Karten und wird frühzeitig aussortiert. Entweder vom vorgeschalteten Personalberater oder vom Unternehmen selbst.

Sie müssen "erkennbar" sein: Je konkreter und präziser das Profil eines Kandidaten ist, desto eher ist er einem bestimmten Suchauftrag zuordenbar. Damit verbunden ist der durchaus anspruchsvolle und mitunter mühsame Prozess der Selbstklärung: Was genau will ich eigentlich? Bei welchen Aufgaben bin ich gut, was macht mir daran Spaß, wo habe ich Erfahrungen, wo hae ich vielleicht besondere Erfolge vorzuweisen? Welche Tätigkeiten machen mir keinen Spaß? In welcher Arbeitsumgebung blühe ich auf, wo gehe ich ein? All diese Fragen helfen nicht nur Personalprofis, einen bestimmten Job und Ihre Vorstellungen zur Deckung zu bringen, sie helfen auch im Privatleben. Denn nichts ist mühsamer als ein Freund, der Sie mit der Aussage kontaktiert "Ich suche einen Job im Personal-, Finanz-, Vertriebsbereich. Wenn du etwas hörst, lass es mich bitte wissen." Selbst wenn Ihnen dann etwas zu Ohren kommen sollte, bei welcher Position können Sie so jemanden guten Herzens empfehlen? Das mitgelieferte Bild ist viel zu verwaschen, um freien Herzens sagen zu können: "Ich glaube, ich kenne jemanden, der da super passen würde. Ich stelle gerne einen Kontakt her." Keiner setzt sich gerne in die Nesseln. Um zu einer klaren Vorstellung zu gelangen, was genau einem am besten entsprechen würde, ist es daher höchst hilfreich, sich Unterstützung zu holen. Sei es durch Gespräche im Freundeskreis, einen Coach oder eine Outplacmentberatung, eine Schritt, den Führungskräfte oft viel zu spät setzen. Nämlich erst dann, wenn der Frust aufgrund zahlreicher Absagen bereits enorm angewachsen ist.

Sie müssen Ihr Selbstbild hinterfragen – gerade auch wenn es weh tut: Wer in der Unternehmenshierarchie bereits relativ weit nach oben gekommen ist und jahrelang erfolgsverwöhnt war, ist immer mit dem Problem konfrontiert, meist das gesagt zu bekommen, was er gerne hört und nicht immer das, was andere wirklich denken. Damit einher geht dann eine wachsende Kluft zwischen Selbstbild und Fremdbild, die im Fall einer Jobsuche in mehrfacher Hinsicht fatal sein kann. Erstens ist es oft ein Schock, wenn jemand, der sich aufgrund seiner Position immer als "wichtig" erlebt hat, plötzlich zum "Bittsteller" wird. Je größer diese "Selbst-Überschätzung", desto demütigender erlebt diese Person den Gang zum Arbeitsamt oder Absagen auf Bewerbungen. Zum zweiten frustriert die Erkenntnis,  dass man im Vergleich mit den anderen Mitbewerbern am Markt vielleicht gar nicht so einzigartige, herausragende und besondere Fähigkeiten und Erfahrungen hat wie man dachte. Auch das eine Ent-Täuschung, die erst einmal verarbeitet werden muss. Klar ist: Je besser Selbstbild und "Wirklichkeit", sprich Fremdeinschätzung, zusammen passen, desto erfolgsversprechender der Suchprozess.

Ohne konkreten Anlass keine persönlichen Gespräche: Eine fast schon prototypische Frustquelle ist die Vorstellung vieler Führungskräfte, dass der Markt nur auf sie gewartet hat, was sie mit der Erwartung verknüpfen, von Headhuntern sofort zum Gespräch eingeladen zu werden, wenn sie ihnen telefonisch mitteilen: "ich bin jetzt am Markt". Stattdessen erhalten sie dann üblicherweise die Antwort: "Vielen Dank für diese Information. Senden Sie uns bitte Ihren Lebenslauf und wenn wir etwas Konkretes haben, melden wir uns bei Ihnen." Statt nun auf diese "Zurückweisung" aggressiv zu reagieren, sollte man sich vor Augen halten, dass Personalberater primär ihren Kunden verpflichtet sind und das sind die Unternehmen, die Suchaufträge erteilen und nicht die Kandidaten und dass es rein praktisch ein Ding der Unmöglichkeit ist, angesichts der tausenden Allgemeinbewerbungen pro Jahr mit jeder dieser Personen ein persönliches Gespräch zu führen, erst recht eine Art kostenloses Beratungsgespräch. Ganz anders verhält es sich, wenn eine konkrete Position vorliegt, für die Sie in Frage kommen. Dann macht das persönliche Gespräch Sinn, davor aber reicht Ihr Lebenslauf und dessen Einspeisung in die Datenbank. Wobei wieder einmal gilt: Je besser "erkennbar" Sie sind, desto eher kann man Sie einem konkreten Suchauftrag zuordnen.

Je höher die Position, desto normaler sind "Stehzeiten": Der übereinstimmende Tenor in den Gesprächen lautete: Die Suche nach einer Position im oberen Management dauert üblicher Weise sechs bis neun Monate. Gerade für exponierte Top-Manager an der Unternehmensspitze ist es eigentlich der Normalfall, "Stehzeiten" zu haben, da vergleichbare Positionen oft dünn gesät sind. und dies auch Suche dauert:

Multi-Channel-Suche: Vorbei die Zeiten, als Führungsjobs fast nur in den Wochenendausgaben der Tageszeitungen inseriert waren oder über Direktansprache besetzt wurden. Heutzutage gibt es bereits zahlreiche Jobseiten und immer mehr Personalberater, aber auch Unternehmen bieten potenziellen künftigen Mitarbeitern die Möglichkeit, sich in einem Jobportal zu registrieren und ihr Profil zu hinterlegen, um sie bei Verfügbarkeit einer passenden Stelle dann mittels Mail zu informieren. Dazu kommen Social Networing Plattformen wie Xing, über die sich Kontakte knüpfen lassen und Informationen eingeholt werden können. Zwei Fettnäpfchen sollte man dabei tunlichst aussparen. Erstens: Bevor Sie einem Personalberater eine Allgemeinbewerbung mit Lebenslauf senden, checken Sie die Jobangebote auf seiner Homepage. Und zweitens: Bevor Sie zu einem Bewerbungsgespräch zu einem Unternehmen gehen, investieren Sie etwas Zeit und recherchieren Sie, was Sie im Internet über das Unternehmen finden, nicht nur auf der Unternehmenshomepage selbst: Was sind in letzter Zeit für Informationen über die Firma publik geworden? Was für ein Bild vermitteln sie? Geht es dem Unternehmen gut oder schlecht, gibt es Krisensignale, droht ein Verkauf oder eine Übernahme oder das Abstoßen bestimmter Geschäftsbereiche? Gab es in letzter Zeit Artikel, in denen die Firma vorkommt?

Genau nachfragen: Die Gefahr liegt darin, froh zu sein, überhaupt wieder ein Jobangebot vorliegen zu haben, vorschnell zu unterschreiben und bereits kurz nach Antritt der neuen Position ein böses Erwachen zu erleben. Sei es, weil man merkt, dass man mit der Unternehmenskultur nicht zurecht kommt oder der "neue" Unternehmensbereich Folge einer Ausgliederung ist und auf dem Prüfstand steht, d.h. entweder demnächst verkauft werden soll oder bei schlechter Performance dicht gemacht wird oder vor einer großen "Redimensionierung" steht. So wichtig daher eine gründliche Vorbereitung ist – und sei es nur, um einmal ein erstes Gefühl für das Unternehmen zu bekommen – so wichtig ist auch, im Bewerbungsgespräch gezielt Fragen zu stellen: nach der Vision und Strategie des Unternehmens, Schwerpunkten der nächsten Jahre, Erwartungen an und Anforderungen der eigenen Position, anstehender Probleme oder Art und Weise, wie im Unternehmen bestimmte Situationen gehandhabt werden. so wie Unternehmen daran interessiert sind, eine bestmögliche Passung zwischen Position und Kandidaten herzustellen, so ist es auch für sie wichtig, eine bestmögliche Passung zwischen Anforderungen und Ihren eigenen Vorstellungen herzustellen. Eine gute Möglichkeit, bei den eigenen Fragen nicht zu zurückhaltend, nur um sich später darüber zu ärgern, nicht gefragt zu haben.

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