"Es muss große Klarheit herrschen"

Mag. Ernst Zemsauer Über den Mitarbeiterabbau der Spardat aus Sicht des Personalchefs.

Herr Mag. Zemsauer, wie waren Sie als Personalleiter in den Abbauprozess eingebunden?

Ich bin im Herbst 2002 zur Spardat zurück gekommen, nachdem ich hier schon in den 90er-Jahren Personalleiter gewesen war. Zu dem Zeitpunkt als ich wiederkam, war schon klar, dass die Aufträge auf ein normales Maß zurückgehen und erstmals Mitarbeiter abgebaut werden müssen.

Es gibt insofern einen guten Vergleich, da der Abbau in zwei Wellen abgelaufen ist. Die erste Runde war aus Zeitgründen eher überstützt, die zweite Runde dann sehr kontrolliert. Der Überbegriff könnte lauten: Es muss große Klarheit herrschen. Klarheit einmal bei den Führungskräften: Es muss klar sein, wie die Auswahl der Mitarbeiter vorgenommen wird, die abzubauen sind. Das ist der aller erste Schritt. Das zweite ist: Selbst sehr erfahrene Führungskräfte kriegen das Knieschlottern, wenn es darum geht, Trennungsgespräche zu führen. Daher brauchen sie Klarheit, wie so etwas läuft. Zudem muss klar sein: Was tut die Führungskraft, was tut der Personalist. Das war ein ganz wesentlicher Schritt in der zweiten Runde. Wer tut da was? Bei der ersten war das noch nicht so klar.

Der erste Schritt war also: Wo findet der Abbau statt? Wir haben die Auftragslage angeschaut und daraus den Mitarbeiterbedarf abgeleitet. Dann kommt schnell die Frage hoch: Welche Wichtigkeit haben sozialen Aspekte? Also haben wir – ein weiterer wichtiger Punkt - Kriterien festgelegt, wie wir die Auswahl treffen wollen. Wir haben damals gesagt, vorrangig ist die Leistung, insbesondere die Leistung für zukünftige Aufgaben der Spardat. Das steht im Vordergrund. Hat man da gleiche Potenziale, muss man sich die gegenwärtige Leistung anschauen. Ist das wieder gleich, schaut man, wie vielfältig sind die Leute einsetzbar. Ist das wieder gleich, schaut man auf den soziale Aspekt.

Wie ging das konkret vor sich? Haben sich die Geschäftsführer mit Ihnen zusammengesetzt und die Vorgangsweise beraten?

Es lief in zwei Teilen. Zum einen galt es die Frage zu lösen, wo betrifft es wie viele. Da wurde die Vorausplanung herangezogen und auf dieser Basis haben die Geschäftsleiter mit ihren Bereichsleitern festgelegt, wo welche Größenordnung abzubauen ist. Daneben haben wir uns im Personalbereich Gedanken über den Prozess gemacht. Wie gehen wir das an? Dazu haben wir z.B. Kriterien der Auswahl entwickelt und mit den Führungskräften abgestimmt.

Dann war es Aufgabe der Bereichsleiter mit ihren Führungskräften, auf Basis der Personalkosten festzulegen, wen es nun konkret betrifft. Das wurde noch vertraulich behandelt, blieb in diesem Kreis und wurde gesammelt. Das ist übrigens auch eine wichtige Erfahrung: Es muss ein sehr genau getakteter Prozess sein, damit das hinhaut. Ab Frühjahr 2003 gab es einen genau definierten Zeitpunkt, an dem diese Nennungen bei uns in der Personalabteilung einzulangen hatten und wir haben dann geschaut, ob das passt oder ob es irgendwelche Fälle gibt, bei denen es rechtliche Probleme geben könnte. Dann erst, eine Woche, nachdem wir die Liste hatten und das überprüft worden war, haben die Austrittsgespräche begonnen. Es gab einen definierten Tag, an dem die Führungskräfte diesen Mitarbeitern mitgeteilt haben, du bist einer von jenen, von denen wir uns trennen müssen.

In der ersten Runde war die Unruhe wesentlich größer, es war nicht so koordiniert. Manche Bereiche haben schon angefangen, Nach der ersten Ankündigung Anfang Juli 2002 über den Sommer mit den Leuten zu reden und dadurch war dann vielen unklar, war es das schon, oder kommen noch welche dran. Das hat eine Reihe von Turbulenzen erzeugt.

Ich selbst kam damals im September 2002 wieder ins Unternehmen und es war klar, dass wir den Großteil des Abbaus bis 31.12. erledigt haben müssen. Daher ging es vor allem darum, mit dem Betriebsrat den Sozialplan zu verhandeln. Angesichts der Kürze der Zeit war er vor allem auf monetäre Dinge fixiert, auf eine freiwillige Abfertigung und einen klaren Spielraum bezüglich Austrittsdatum.

Welchen Spielraum gibt es da? Wenn die Mitarbeiter zum 31.12. gekündigt werden sollen, muss ich ja bestimmte Kündigungsfristen einhalten?

Wenn ich kündige, dann schon. Wir haben aber allen eine einvernehmliche Lösung angeboten. Daran hing auch der Sozialplan. Die Erfahrung zeigt: Sobald ein Mitarbeiter weiß, dass er abgebaut wird, sinkt seine Leistung, weil er sich darauf konzentriert, einen neuen Job zu finden. Das ist vollkommen verständlich. Wir haben geschaut, wann könnten wir kündigen, also z.B. zum 31.12.. Der Mitarbeiter wusste aber bereits am 10. September, dass er gehen wird. Wenn wir am 31.09. einvernehmlich auflösen, geht er drei Monate früher als bei einer Kündigung, daher haben wir ihm die drei Monate als freiwillige Abfertigung draufgegeben, damit er keinen finanziellen Verlust hat. Das wurde von den Leuten geschätzt. Denn wenn ich den Job verliere, muss ich ja schnellstmöglich los gehen, um mich nach einem Neuen umzuschauen. Ich kann damit nicht erst im Jänner beginnen, wenn das Weihnachtsloch ist. Er hatte aber auch jede andere Möglichkeit, etwa erst im Oktober oder November gehen - nur nicht länger als der ordentliche Kündigungstermin.

Hat man nicht als Unternehmen das Problem, Mitarbeiter bis zu einem bestimmten Zeitpunkt abbauen zu müssen, aber bis dahin noch ihre Leistung zu benötigen? Gehen alle sofort, fehlt mir die Kapazität.

Ja, das ist klar. Wir mussten tatsächlich einige Aufträge aufschieben. Aber die Führungskräfte haben gesagt, es war einfacher so, als diese Mitarbeiter noch zwei, drei Monate dabeizuhaben. Man kann sich vorstellen, wie unangenehm Gespräche im Team über die Zukunft der Abteilung sind, wenn Mitarbeiter dabei sitzen, die wissen, dass sie dann gar nicht mehr da sein werden. Und es entsteht noch ein Effekt, den man nicht vergessen darf. Diese Leute suchen am Anfang sehr intensiv nach Begründungen für die Trennung und vor allem auch nach Gründen, warum es eigentlich ungerecht ist, sie abzubauen und sie beschäftigen auch die Kollegen damit. Für einen Kollegen ist es natürlich unheimlich schwer zu sagen, ich weiß zumindest drei Gründe, warum es dich erwischt hat. Das passiert ja nicht, man bekundet Anteilnahme: Ja, das ist ungerecht, ich verstehe das auch nicht. Das ist also auch für die Kollegen eine schwierige Situation. Es hat sich sehr bewährt, das frühe Ausscheiden zu unterstützen. Wir haben bei der zweiten Runde im Frühjahr 2003 auch klar gesagt, das behalten wir bei, das hat sich bewährt.

Wir haben uns früh für Aufgabenteilung zwischen Führungskräften und Personalabteilung entschieden. Den Führungskräften oblag nach gemeinsamer Definition der Kriterien die Auswahl der Mitarbeiter, dann das Austrittsgespräch und die Mitteilung der Gründe. Dann haben die Führungskräfte an mich abgegeben und ich habe das Austrittsgespräch über Konditionen geführt.
Bei der zweiten Runde hatte die Führungskraft beim Gespräch bereits ein Package in der Hand, ein Austrittsschreiben mit den Konditionen, wo genau drinnen stand, welche Möglichkeiten es gibt und was ich jetzt als Mitarbeiter konkret tun kann. Da hatte der Mitarbeiter dann schon ein Info-Paket, kam zwei, drei Tage später zu mir und wusste schon, wie geht das jetzt.

Bei dieser Runde haben wir den Sozialplan mit einem Paket für Outplacement ergänzt. Es gab zwei Packages, einmal sehr umfangreich, eine zeitlich fast unbegrenzte Beratung. Wir haben mit dem Anbieter eine Pauschale vereinbart, und dem Mitarbeiter gesagt, 50 Prozent der Kosten ziehen wir dir von der freiwilligen Abfertigung ab, 50 Prozent sponsern wir. Das zweite war ein kleineres Paket, Bewerbungstraining und ein paar Coachingstunden. Wir hatten wieder einen Pauschalpreis und das Angebot: 50 Prozent zahlen wir, 50 Prozent ziehen wir dir von der freiwilligen Abfertigung ab. In beiden Fällen entstand die Situation, dass der Mitarbeiter plötzlich aktiv wird und aus der Passivität – die  schmeißen mich hinaus, ich kann nichts tun - herausgerissen wird. Aha, Ich kann überlegen, nehme ich die Maßnahmen in Anspruch, in kann überlegen, welches Austrittsdatum wähle ich. Das hat sehr geholfen.

Wie ging es den Führungskräften?

In der ersten Phase, im Sommer und Herbst 2002, wurden sie praktisch nicht unterstützt, sondern mussten damit irgendwie zurecht kommen, was sehr schwierig war, weil es eine neue Situation war und  in den Austrittsgesprächen viel passiert ist, mit dem sie nicht gerechnet haben. In der zweiten Welle wurden sie durch einen eintägigen Workshop genau auf das Gespräch vorbereitet.

Dabei wurden Dinge geklärt wie: Du darfst auf keinem Fall beim Mitarbeiter irgendwelche Hoffnungen wecken, die Entscheidung wäre irgendwie nicht fix. Es ist in der ersten Welle immer wieder passiert, dass sie Dinge gesagt haben, wie, rede einmal mit dem Zemsauer, vielleicht hat der noch einen Job für dich, schau mal in der internen Stellenbörse nach, vielleicht findest Du da noch was. Das war vor allem für die Betroffenen schwierig, denn die waren dann nur umso enttäuschter. In der zweiten Welle hatten wir schon vorher sehr genau abgeklärt, ob man Leute, die von der Leistung her gut waren, woanders noch verwenden kann.

In dem Workshop haben wir den Führungskräften für die Einleitung klar Hinweise gegeben wie: Beginne sofort mit der Sache, rede nicht um den heißen Brei herum (wie war das Wochenende?), wir haben den Einstieg geübt und den Führungskräften gesagt, schreibt euch die ersten drei, vier Sätze genau auf, überlegt im Vorfeld den Kündigungsgrund und rechnet nicht damit, dass der Mitarbeiter dem Grund Verständnis entgegenbringt. Das wird es nicht spielen und das ist auch nicht das Ziel des Gespräches. Außerdem haben wir den Führungskräften u.a. das Modell der vier Phasen vorgestellt: Widerstand, Trauer, Ärger, erstes Verständnis, und ihnen gesagt: Ihr werdet im ersten Gespräch nicht über Widerstand hinauskommen, der Mitarbeiter wird unzufrieden sein, er wird schimpfen, die Welt nicht verstehen. Damit müsst ihr rechnen.

Wir haben dann auch darüber gesprochen, wie beendet man so ein Gespräch, was ist da adäquat. Z.B. klar zu sagen: "Es tut mir persönlich wirklich sehr leid, aber inhaltlich ist die Entscheidung getroffen und unumstößlich. Aber obwohl das für Dich eine schwierige Situation ist, gibt es für Dich Handlungsmöglichkeiten, die in diesen Unterlagen beschrieben sind. Ich erzähle dir das jetzt bewusst nicht, weil ich glaube, dass du im Moment dafür nicht aufnahmefähig bist. Die Botschaft war schlimm genug. Ich würde es als am besten sehen, wenn Du jetzt in Ruhe nach Hause gehst. Suche dir eine Person deines Vertrauens, mit der du darüber reden kannst, du hast in drei Tagen das Gespräch mit dem Herrn Zemsauer, bereite dich darauf vor. Du musst dafür keinen Urlaub oder Zeitausgleich nehmen, die Zeit schenken wir dir."

Das deshalb, weil wir in der ersten Runde gemerkt haben, dass das Hierbleiben eher zum Hinausschieben und Verdrängen führt. Die Leute beschäftigen sich nicht damit und waren dann bei dem Gespräch mit mir total überrascht. Ich stecke noch voll in der Arbeit, warum reden wir plötzlich über meinen Austritt? Das war doch nur ein Vorschlag, oder? So war es klarer, weil die Betroffenen die Klarheit hatten, und die Führungskräfte auch.

Letztendlich ist die Wahl, wen es trifft, es eine Entscheidung aus dem Bauch. Es hat sich immer mehr gezeigt - das ist auch nicht uninteressant - dass die Führungskräfte zuerst versucht haben, stark fachlich inhaltliche Themen zu bewerten, letztlich aber gemerkt haben, eigentlich sind es die Verhaltensthemen. Ich baue den ab, weil ich mit dem seit 3 Jahren ein Problem habe, der kommt ständig unpünktlich in Besprechungen und fahrt dort die Leute an, er ist ein exzellenter Fachmann, aber so geht es nicht. Es ist sind immer stärker die Verhaltensaspekte in den Vordergrund gerückt und die fachlichen in den Hintergrund.

Was waren typische Fehler am Anfang?

In der ersten Runde haben Führungskräfte immer wieder den Fehler gemacht zu sagen, wir kündigen, was nicht stimmte. Wir haben eine einvernehmliche Lösung vorgeschlagen. In dem Augenblick, wo ich sage, ich kündige Sie, ist es bereits passiert. Es entsteht eine nicht nur rechtlich problematische Situation, die den betroffenen Mitarbeiter, den Betriebsrat und die Personalleitung ziemlich beschäftigt. Da gab es Verwirrung.
Z.B. wenn man einvernehmlich auflöst, spielen Dinge wie die Anfechtung der Kündigung durch den Mitarbeiter oder den Betriebsrat keine wirkliche Rolle mehr.

Bei einvernehmlicher Auflösung kann ich nicht zum Arbeitsgericht?

Genau. Bei einvernehmlicher Trennung bekomme ich auch per Gesetz die gesetzliche Abfertigung, kann aber den Austrittstermin beliebig festsetzen. Und bei uns bekam jeder darüber hinaus eine freiwillige Abfertigung. 95 Prozent der Personen nahmen die frühestmögliche Variante in Anspruch und sind innerhalb von ein, zwei Wochen ausgeschieden.

Waren dann nicht viele Kollegen, die blieben, wenig amüsiert über den steigenden Arbeitsanfall?

Nein, es war eher so, dass es sehr positive Rückmeldungen gab, dass alles sauber und ordentlich übergeben wurde. Und ab und zu auch die Meldung, puh, da waren ein paar Leichen im Keller, gut dass wir jetzt daraufgekommen sind, je später desto problematischer. Ich glaube, dass viele auch froh waren, dass es sich nicht so gezogen hat.

In jeder Abteilung waren es im Schnitt ein bis zwei Leute. Die Führungskraft hat die Gespräche geführt, ist dann vor die anderen Mitarbeiter hingetreten und hat sinngemäß gesagt: "Es tut mir leid, ich muss euch sagen, X wird abgebaut und wir haben folgendes vereinbart. Er wird übermorgen das Gespräch mit dem Zemsauer haben, und geht jetzt nach, um sich das alles in ruhe zu überlegen und über die Übergabemodalitäten reden wir dann in drei Tagen."

Wir haben den Führungskräften geraten, zu kommunizieren, das ist jetzt passiert, das sind die Mitarbeiter, die es trifft, so geht es weiter, aber wir haben ihnen auch abgeraten davon, vor der Gruppe über die Gründe zu reden. Denn das ist was intimes zwischen dem Mitarbeiter und der Führungskraft. Die Fragen kamen, aber es macht Sinn, zu sagen: Nein, darüber will ich hier nicht reden.

Sind die Leute wirklich so überrascht?

Ich habe die gesamte Palette erlebt. Leute, die aus verletztem Stolz vorgeben, dass es ihnen nichts ausmacht, wo man aber merkt, diese Botschaft – wir brauchen dich ab morgen nicht mehr -  sitzt sehr tief. Das sind gerade die, die fachlich sehr gut waren, aber aus persönlichen Gründen draufgesetzt wurden. Dann habe ich die erlebt, die da sitzen und aus denen man kein Wort herausbringt, und jene, die vehement dagegen kämpfen und das einfach nicht akzeptieren wollen.

Unsere Erfahrung ist, dass die Führungskraft für das Gespräch ca. eine halbe Stunde braucht, nicht länger. Und bei mir war das sehr unterschiedlich. Ich habe das erste Gespräch für eine halbe Stunde angesetzt, wobei klar war, es kann natürlich noch ein zweites Gespräch geben, wenn Dinge noch unklar sind. Aber 95% waren in der halben Stunde gut und ohne Hektik erledigbar, vor allem in der zweiten Runde, wo die Leute aus dem Gespräch mit der Führungskraft schon klar vor Augen hatten, was sind das Angebot und Möglichkeiten. Es kam durchaus vor, dass jemand herein kam und sagte, ich verstehe, was da drauf steht, ich finde es zwar eine Schweinerei, dass Sie mich nicht mehr brauchen, aber ich habe keine Fragen, ich unterschreibe das jetzt. Das wirkt wie ein Widerspruch, aber das eine hat mit dem anderen eigentlich wenig zu tun. Das eine ist die Entscheidung, sich zu trennen und das andere ist die Art und Weise, wie das bewerkstelligt wird. Wird es als fair erlebt, bin ich mit der Art und Weise einverstanden?

Worauf kommt es aus Sicht des Personalers an?

Zuerst einmal, obwohl mir der Begriff zu militärisch klingt, geht es um generalstabsmäßige Planung. Von den Terminen her und von den Rollen. Wer tut was und was nicht, das muss sonnenklar sein. Vor allem die Teilung zwischen Führungskraft und Personalist, wann wird welche Information hinausgegeben, wann kommt welche Information zu wem, wie wird das erläutert. Das ist das Grundfundament.

Dann geht es darum, innerhalb dieses Rahmens für die Betroffenen Klarheit zu schaffen. Dann kommen die Gespräche zum Sozialplan. Muss mit dem Betriebsrat überlegen, was ist da möglich. Wir haben damals knapp vier Wochen gebraucht, würde ich fast als Minimum sehen.

Was nicht passieren darf, wenn man mit den Mitarbeitern eine einvernehmliche Lösung treffen will, ist, dass man sie drängt, man muss ihnen aber andererseits sehr genaue Termine setzen, wie lange sie Zeit haben zu überlegen. Bei der zweiten Welle, wo die Informationen schon zu Beginn klar am Tisch lagen, waren wir da auch restriktiver und haben klar gesagt, es gibt drei Tage Bedenkzeit. Drei Tage deshalb, weil wir beim ersten Mal gesehen haben, es bringt nichts, zwei Wochen zu geben, da passiert nichts. D.h. man legt dem Mitarbeiter schriftlich ein Angebot zur einvernehmlichen Auflösung vor, gibt ihm alle Daten und Fakten, die da wichtig sind, dann kommt zwei Tage später das Gespräch mit dem Personaler und drei Tage nach unserem Gespräch sagt er mir, ob er das Angebot annimmt oder nicht. Wenn nicht, müssen wir ihn kündigen.

Was ist mit survivors? Wer kümmert sich um die ? Um deren Verunsicherung, Angst vor der möglichen nächsten Runde?

Da hat sich meine Sicht von der ersten Phase zur zweiten geändert. Habe zuerst gedacht, es ist ganz wichtig, dann auch wieder ein Ende dieser Maßnahmen zu verkünden, damit wieder Ruhe einkehren kann. Habe aber dann erkennen müssen, dass die Veränderung, der unser Unternehmen unterliegt, kein Ende hat. Man muss den Leuten klar sagen, dass es zunehmend zum täglichen Leben gehört. Ich kann heute nicht mehr sagen, ob ich im nächsten Frühjahr vielleicht wieder einige Leute abbauen muss, oder im Gegenteil einstellen muss. Ich weiß es einfach nicht, damit müsst ihr euch abfinden. Das ist nicht auf große Begeisterung gestoßen, aber so ist.

Es macht auch Sinn, mit den Verbleibenden einzeln darüber zu reden. Jeder fragt sich, was heißt das jetzt für mich, verändert sich etwas für mich? Manche Führungskräfte haben dazu gleich das MAG genützt, das angestanden ist. Andere haben dann Teamklausur gemacht, sich ein, zwei Tage Auszeit genommen um mit der Mannschaft in Klausur zu gehen, das wurde als sehr hilfreich erlebt „Gut das wir uns damit beschäftigt haben“. Aber zumindest gab es Einzelgespräche.

Wie geht es einem da als Personalisten, wenn man in kürzester Zeit zwei, drei Dutzend Austrittgespräche führt?

Ich habe das unterschätzt. Wenn man zwei Wochen nur mit negativen Messages konfrontiert ist, mit Leuten, die traurig sind, wütend, frustriert, das färbt ab. Ich würde sehr empfehlen, sich in der Zeit nichts vorzunehmen. Da geht es nur darum, aus dem Haus rauszukommen und irgend etwas zu tun, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Man wird unleidlich. Die Wirkung habe am Anfang klar unterschätzt.

Nach der zweiten Runde haben wir dann als Abteilung zwei Tage Klausur gemacht. Ich habe alle Austrittsgespräche selber geführt, auch um sicherzustellen, das hier alle gleich behandelt werden.

09.2004

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Mag. Ernst Zemsauer, Personalchef der Spardat