"Es braucht generalstabsmäßige Planung"

Nach 30 Jahren kontinuierlichen Wachstums musste die zum Erste-Konzern gehörige Sparkassen-Datendienst Anfang des neuen Jahrtausends erstmals in größerem Stil und in zwei Wellen Mitarbeiter abbauen. Wie ging das konkret vor sich? Eine Rückschau aus den verschiedenen Perspektiven von Geschäftsleitung, Personalisten und Mittelmanagern.

Die Spardat, die Sparkassen-Datendienst GmbH & CoKG, ein Tochterunternehmen der Erste-Bank, war bis Ende der 90er-Jahre kontinuierlich auf rund 600 Mitarbeiter gewachsen. Aufgrund der drei Großprojekte Euro- und Year-2000-Umstellung sowie IT-Migration der Erste-Bank auf das Sparkassensystem schoss die Mitarbeiterzahl um die Jahrtausendwende auf 950 Personen, davon 900 fest angestellt, der Rest Freiberufler und Leasingpersonal.

Als 2002 das letzte der drei Großprojekte, die EDV-Migaration endgültig abgeschlossen wurde, war ein beträchtlicher Personalüberhang bereits absehbar. Als dann der erhoffte nächste Großauftrag  - die Ausweitung der österreichischen IT-Lösung auf die Osttöchter -  ausblieb und durch die generell verstärkten Kosteneinsparungen im Bankenbereich zusätzlich verschärft wurde, wurde das Thema Personalabbau mit einem Schlag akut.

Von welcher Zahl reden wir?

In einem projektorientierten Unternehmen wie der Spardat, die im Jahr rund 300 Entwicklungsvorhaben bearbeitet, ist die Antwort auf die Frage, wie viele Mitarbeiter angesichts der absehbaren Auftragslage zu wenig oder zu viel an Bord sind, keine Geheimwissenschaft. Zumal es bei der Spardat im Frühjahr jedes Jahres mit den Auftraggebern (der Erste-Bank sowie den anderen Sparkassen) zur Festlegung des Budgets des nächsten Jahres kommt, aufgeteilt auf Vorhaben in Bereiche wie Infrastruktur, Privatkunden, etc.

Damit lässt sich ziemlich genau sagen: Wie viele Aufträge haben wir? Welches Budget steht uns dafür zur Verfügung? Was ist das Äquivalent in Mitarbeitern? 2002 war dieser Planungsprozess erstmals in der 30-jährigen Spardat-Geschichte kombiniert mit der Frage: Wie hoch ist daher unser Überhang?

Die erste grobe Schätzung ergab eine Zahl von ca. 150 Personen, für die 2003 die nötigen Projekte fehlen würden. Für einen Teil, so der unangenehme Befund, würde bereits im zweiten Halbjahr 2002 die nötige Auslastung fehlen. Damit war klar: Der Abbau müsste rasch in Angriff genommen werden.

Die unangenehme Aufgabe für die Geschäftsleitung: In der Mitarbeiterversammlung vor dem Sommer, in der sie der Belegschaft zum erfolgreichen Abschluss des großen Migrationsprojektes gratulierte, musste sie gleichzeitig den geplanten Personalabbau, beginnend mit Herbst desselben Jahres ankündigen.

Abbau entlang der Projektzyklen

Beginnend mit Herbst 2002 erlebten die "Spardataner" seitdem zwei Abbauwellen, jede in zwei Schritten, parallel zum Auslaufen der Projektphasen in der Entwicklung und im anschließenden Roll-Out: Ein Teil der Mitarbeiter verließ das Unternehmen jeweils mit Ende des Jahres (2002 und 2003), ein Teil zu Beginn des Sommers (2003 und 2004). Insgesamt abgebaut wurden in dieser Zeit rund 100 angestellte Mitarbeiter sowie die meisten Leasingkräfte.

Der Start im Sommer 2002 verlief durchaus turbulent und unrund. Die Ankündigung der Entlassungswelle versetzte die gesamte Belegschaft in Unruhe, die Vorgangsweise war zwar grob umrissen, aber nicht immer gut koordiniert, das Vorgehen der Führungskräfte sehr uneinheitlich und ihre Vorbereitung eher handgestrickt, die Auswahlkriterien unterschiedlich und die Zeit für Verhandlungen mit dem Betriebsrat zur Erstellung eines Sozialplans äußerst kurz. Gegen Ende des Sommers holte das Unternehmen dann den früheren Personalchef, zwischenzeitlich Personalleiter bei Connect Austria und danach als selbständiger Berater tätig, ins Unternehmen zurück, um den Abbau auf professionelle Beine zu stellen. Ging es in der ersten Phase bis Ende 2002 noch rein darum, den Zeitplan einzuhalten, schnell einen Sozialplan auszuverhandeln und den Abbau fristgerecht bis Ende Dezember unter Dach und Fach zu bringen, so war die zweite Runde im Frühjahr 2003 schon wesentlich gründlicher und koordinierter vorbereitet. Nun kam es zu einer klaren Aufgaben- und Rollenteilung zwischen Führungskräften und Personalabteilung, zur Festlegung eines genauen Terminplans, einheitlichen Auswahlkriterien, einer einheitlichen und transparenten Kommunikation an alle Mitarbeiter, einem um Outplacement-Angebote erweiterten Sozialplan und einem Vorbereitungsworkshop für alle Führungskräfte.

Das Ende des Familienmythos

Obwohl das Vorgehen der Spardat klar begründet, jedem nachvollziehbar und nach einem holprigen Start sehr professionell war, von den Mitarbeitern durchaus anerkannt wurde und wesentlich dazu beitrug, dass die Art und Weise der Trennung von ausgeschiedenen wie verbliebenen Mitarbeitern als fair betrachtet wurde – ein Mitarbeiterabbau dieser Größenordnung und über diese Zeitspanne bleibt – wie auch die Manager bestätigen - nicht ohne Auswirkungen auf die Kultur eines Unternehmens. Das (in gewisser Weise immer schon illusionäre) Bild einer großen Familie zerplatzte angesichts der von vielen Mitarbeitern als Schock erlebten Ankündigung der Abbaupläne wie eine Seifenblase, der Umgang miteinander wurde ein Stück weit distanzierter (vielleicht auch professioneller), das bisherige Grundvertrauen wurde deutlich erschüttert und vielerorts von einem latenten Unsicherheitsgefühl abgelöst.

Auch wenn in den beiden Jahren weniger Mitarbeiter abgebaut wurden als ursprünglich angenommen und der Ausnahmezustand im Alltag längst wieder von der täglichen Arbeitsroutine abgelöst wurde – das für viele Spardataner immer noch gewöhnungsbedürftige Leben mit Auftragsschwankungen und größerer Unsicherheit im Planungshorizont stellt nicht nur die Mitarbeiter vor neue Herausforderungen, sondern vor allem auch die Führungskräfte, die immer wieder aufs Neue die schwierige Balance finden müssen zwischen den Anforderungen: für Orientierung und Berechenbarkeit sorgen und offen sein für notwendige Veränderungen.

Der Abbauprozess aus Sicht:

des Geschäftsführers Mag. Christian Gosch

des Personalchefs Mag. Ernst Zemsauer

eines Bereichsleiters DI. Alfred Müllner

eines Abteilungsleiters Peter Pikisch

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